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Ablehnungsbescheid der Krankenkasse - Erfolgreich Widerspruch einlegen!

01. Apr. 2021

gesundheitskarteEinige Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse bekommt man nur, wenn man einen Antrag stellt. Dazu gehören, Kuren, Reha-Maßnahmen, Hilfsmittel wie Hörgeräte und Rollatoren, Krankengeld und Haushaltshilfe. Doch oftmals lehnen die Krankenkassen den Antrag ab. In solchen Momenten ist der Schock erstmal groß, denn es geht nicht nur um Geld, sondern um die eigene Gesundheit. Nicht selten sind Versicherte verunsichert. Doch eine Ablehnung muss niemand einfach hinnehmen. Wir zeigen, wie man sich gegen einen Ablehnungsbescheid zur Wehr setzen kann.

 

1.         Antrag gut vorbereiten und begründen

Gemäß § 12 SGB V müssen gesetzliche Krankenversicherungen prüfen, ob Leistungen, die von ihnen übernommen werden, medizinisch notwendig und wirtschaftlich sind. Dies bedeutet, dass die Krankenkassen abwägen, ob eine Behandlung benötigt wird und ob es eine günstigere Alternative gibt, die ebenfalls zielführend ist. Demzufolge müssen die medizinischen Befunde und die Lebenssituation des Versicherungsnehmers für die Krankenversicherungen nachvollziehbar sein.

Um die Erfolgsaussichten eines Antrages von vornherein zu erhöhen, sollte man die beantragte medizinische Maßnahme gut begründen. Also beispielsweise darlegen, warum ein spezielles Hörgerät benötigt wird und nicht ein Standardmodell ausreicht oder das eine Reha eine erneute Einweisung ins Krankenhaus verhindert oder durch sie Pflegebedürftigkeit vermieden werden kann.

Aus diesem Grunde sollten Versicherungsnehmer vor Antragsstellung mit ihrem behandelnden Arzt klären, welche Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt in Betracht kommen. Des Weiteren sollten Antragssteller sich Tipps für die Argumentation gegenüber der Krankenversicherung einholen. Wichtige Ansprechpartner können Ärzte, Krankenhäuser, Pflegedienste, Sanitätshäuser und Hörgeräteakustiker sein. Weiterhin sollten die Kontaktdaten aller Ärzte und deren Befunde, die belegen können, dass die beantragte Leistung medizinisch notwendig ist, dem Leistungsantrag beigefügt werden.

 

2.         Welche Antwortfristen gelten für die Krankenversicherung?

Ohne Gutachten hat die Krankenversicherung drei Wochen nach Eingang des Antrags Zeit, um zu reagieren. Allerdings kann die Krankenkasse ein Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einholen. In diesem Fall hat die Krankenkasse fünf Wochen Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. In den meisten Fällen erstellt der MDK sein Gutachten auf Basis der eingereichten Unterlagen. Er kann aber auch weitere Dokumente anfordern und/oder den Antragsteller zu einer persönlichen Untersuchung auffordern.

Mit einem Urteil vom Mai 2020 (Az. B 1 KR 9/18 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) beschlossen, dass ein Antrag als vorläufig genehmigt gilt. Folglich kann die Krankenkasse auch nach Ablauf der gesetzlichen Antwortfrist eine Ablehnung nachschieben. Allerdings hat der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Erstattung, falls er sich in der Zwischenzeit die Leistung selbst beschafft hat.

 

3.         Welche Antwortfristen gelten für die Pflegeversicherung?

Wird ein Antrag auf Leistung der Pflegeversicherung gestellt, muss die Pflegeversicherung innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Pflegeberatung anbieten. Zudem ist sie verpflichtet, dem Antragsteller spätestens nach 25 Arbeitstagen nach Erhalt des Antrags die Entscheidung mitzuteilen, ob die Leistung gewährt oder verweigert wird. Im Falle der selbstverschuldeten Überschreitung dieser Frist, muss die Pflegekasse für jede angefangene Woche nach Ende der Frist 70 Euro an den Pflegebedürftigen zahlen.

In einigen akuten Fällen gelten kürzere Fristen von ein bis zwei Wochen.

 

4.         Entscheidung der Versicherung

Die Versicherung teilt ihre Entscheidung durch einen Bescheid mit. Im Normalfall erkennt man einen Bescheid an der beigefügten Rechtsmittelbelehrung. In manchen Fällen kann es aber auch sein, dass ein Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthält. Nichtsdestotrotz kann man sich gleichwohl zur Wehr setzen – auch wenn es nicht ausdrücklich auf dem Schreiben steht!

Gut zu wissen ist, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Krankenversicherungen beantragte Leistungen verweigern. Besonders im Fokus stehen hier Kuren und Reha-Anträge. Auf keinen Fall sollte eine ganze oder teilweise Ablehnung hingenommen werden. Denn es lohnt sich durchaus, für seine Gesundheit zu kämpfen.

 

5.         Rechtzeitig Widerspruch einlegen

Wer sich gegen einen ablehnenden Bescheid zur Wehr setzen möchte, muss bei seiner Versicherung schriftlich Widerspruch einlegen. Hierzu reicht ein formloses Schreiben. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nachdem man die Ablehnung erhalten hat, bei der Krankenversicherung eingegangen sein (§ 84 SGG). Folglich zählt nicht das Briefabsendedatum! Um die Frist zu wahren, reicht ein von Hand unterschriebener Brief, der per Einschreiben an die Krankenversicherung versandt wird. Ein Widerspruch per Telefon oder via E-Mail ist hingegen nicht gültig.

Achten Sie auf folgende Punkte beim Widerspruchsschreiben:

  • Geben Sie das Datum und das Aktenzeichen an.
  • Legen Sie dar gegen welchen Bescheid Sie Widerspruch einlegen.
  • Erklären Sie, dass Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind.
    (Eine ausführliche Begründung mit Unterlagen kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden. Weisen Sie in Ihrem Widerspruchsschreiben bereits daraufhin, dass eine Begründung folgen wird.)
  • Beantragen Sie, dass der Ablehnungsbescheid aufgehoben wird und die Kosten übernommen werden.

Dringend zu empfehlen, ist die Begründung des Widerspruchs. Stellen Sie die Notwendigkeit des Hilfsmittels anhand ihrer persönlichen Situation dar und lassen sich diese von ihrem Arzt unterzeichnen. Bitten Sie Ihren Arzt zudem, alle medizinischen Behandlungsaspekte und Argumente nochmals in einer Stellungnahme zusammenzufassen.

Falls Sie die Frist schuldlos versäumen, beispielsweise aufgrund eines Urlaubs, teilen Sie dies der Krankenversicherung unverzüglich mit und legen sofort Widerspruch ein.

Apropos: Beachten Sie, dass die Monatsfrist nur gilt, wenn Sie im Ablehnungsbescheid über Ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt wurden. Fehlt dieser Hinweis, haben Sie ein Jahr Zeit um den negativen Bescheid zu widersprechen.

 

6.         Zweiter Bescheid der Krankenversicherung

Wird einem Ablehnungsbescheid widersprochen, ist die Krankenversicherung gehalten, den Fall nochmals zu prüfen. Im Anschluss wird ein zweiter Bescheid der Krankenversicherung ergehen. Entweder kann die Versicherung die Leistung doch noch bewilligen (Abhilfe) oder aber erneut ablehnen. Dieser zweite negative Bescheid wird Widerspruchsbescheid genannt.

 

7.         Widerspruchsausschuss entscheidet

Im Falle einer Ablehnung geht der Widerspruchsbescheid in den Widerspruchsausschuss der Krankenversicherung. Dieses unabhängige Gremium, welches sich aus ehrenamtlichen Versicherten- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt, entscheidet über das Anliegen. Hierfür steht dem Ausschuss ein Zeitkorridor von bis zu drei Monaten zur Verfügung.

 

Wichtige Hinweise

  • Auf keinen Fall darf man sich von seiner Krankenversicherung dazu drängen lassen, seinen Widerspruch wieder zurückzunehmen. In diesem Fall hat man dann keine Möglichkeit mehr, gegen die Entscheidung der Krankenversicherung vorzugehen – auch nicht mehr vor Gericht.
  • Auf keinen Fall sollte man sich auf mündliche Zusagen seitens der Mitarbeiter verlassen. Bestehen Sie auf einen schriftlichen Abhilfe-Bescheid, aus dem schwarz auf weiß hervorgeht, dass Sie die Leistungen doch noch erhalten. Andernfalls halten Sie an Ihrem Widerspruch fest. Generell ist alles Wichtige schriftlich festzuhalten.
  • Auch im Falle einer teilweisen Abhilfe seitens der Krankenversicherung sollte der Widerspruch weiter aufrechterhalten werden. Zu verlieren hat man nichts, denn der Widerspruchsausschuss entscheidet dann nur noch über den noch nicht genehmigten Teil der Leistung.

 

8.         Beschwerdestellen

Wer das Gefühl hat, dass die Krankenversicherung Rechte verletzt oder sich nicht an die gesetzlich vorgegebenen Bearbeitungsfristen hält, kann sich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beschweren. Während das Bundesamt für Soziale Sicherung für überregionale Krankenkassen zuständig ist, ist das Gesundheitsministerium des Bundeslandes meist für regionale Versicherungen der richtige Ansprechpartner.

 

9.         Klage beim Sozialgericht

Wird im Widerspruchsausschuss der Widerspruch endgültig abgelehnt, erhält man einen Widerspruchsbescheid. Dann kann innerhalb eines Monats Klage vor dem Sozialgericht eingereicht werden. Das gilt auch, wenn über den Widerspruch nicht innerhalb von drei Monaten entschieden und kein Widerspruchsbescheid erlassen wird. In diesem Fall spricht man von einer Untätigkeitsklage.

Ein Anwalt muss nicht zwingend genommen werden, allerdings empfiehlt sich hier ein Fachanwalt für Sozialrecht. Vor allem vor dem Hintergrund, dass das Sozialrecht ein äußerst komplexes Sachgebiet ist. Das Anwaltshonorar muss nur dann gezahlt werden, wenn der Prozess verloren wird. Wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hat und sich die Anwaltskosten nicht leisten kann, kann unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe beantragen. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, sollte das Kostenrisiko abwägen. Denn unter Umständen kann sich ein solches Gerichtsverfahren über mehrere Jahre hinziehen.

Wichtiger Hinweis: Ihre Klage sollten Sie per Einschreiben mit Rückschein an das zuständige Gericht senden. Dadurch kann der Nachweis erbracht werden, dass die Klage unter Beachtung der Frist eingegangen ist. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, die Klage persönlich unter Zeugen bei Gericht abzugeben.